2.4.4. Kritische Betrachtung
Ein häufiger und sicherlich auch berechtigter Vorwurf besagt, dass die Signale der Dow Theorie zu spät kommen. Im Durchschnitt werden 20-25 % einer Bewegung nicht genutzt, im Extremfall sogar über 50 %.[42] Diese Zahlen belegen deutlich, dass der Einwand korrekt ist, allerdings sollte berücksichtigt werden, dass Charles Dow lediglich große Marktbewegungen identifizieren wollte und nicht beabsichtigte Trends frühzeitig zu antizipieren.[43] Zudem wäre es wenig realistisch anzunehmen, dass es eine Anlagestrategie gibt, die es ermöglicht zum tiefsten Kurs einzusteigen und zum Höchstpunkt aus dem Markt zu gehen.
Die Beobachtungen Dow's zeigen nur beispielhaft, dass sich Kurse in Trends bewegen, ein Beweis bzw. eine Gesetzmäßigkeit für diese anhaltenden Bewegungen fehlt. Ein weiterer negativer Aspekt besteht darin, dass die Dow Theorie, aufgrund ihrer stark subjektiv beeinträchtigten Anwendung, keine eindeutigen Signale liefert. Insbesondere für den unerfahrenen Investor ist es oft schwierig zu erkennen ob und wann ein Trend einsetzt oder wann eine definitive Trendumkehr vorliegt.[44] Die Theorie ist außerdem nicht dazu bestimmt, Aussagen über das Potenzial einzelner Aktienwerte zu treffen, was sich nachteilig auf ihren praktischen Nutzen auswirkt. Sie dient ausschließlich dem Zweck, anhand von Indizes, die Richtung des primären Gesamttrends anzugeben.[45] Demzufolge macht diese Methode keine Aussage über die Entwicklung der sekundären und tertiären Trends, diese Bewegungen sind aber insbesondere für kurzfristig orientierte Anleger von Bedeutung.
Als theoretische Grundlage der Technischen Analyse ist die Dow Theorie unersetzlich aber als Einzelinstrument für die Prognose von zukünftigen Kursverläufen, besonders in Märkten mit hoher Volatilität, ist sie nicht geeignet.
42Vgl. Edwards, R./Magee, J. (1976), S. 43 und Murphy, J.(2000), S. 48.
43Vgl. Murphy, J.(2000), S. 48-49.
44Vgl. Edwards, R./Magee, J. (1976), S. 45.
45Vgl. ebenda, S. 45-46 und Murphy, J.(2000), S. 44.