2.6.5. Kritische Betrachtung
Die in diesem Kapitel vorgestellten Techniken der Elliott Wellen Theorie zeigen deutlich, dass sich die Identifizierung der richtigen Wellenmuster in der Praxis als äußerst kompliziert und schwierig erweisen werden kann.[119] Ein wesentliches Problem besteht darin zu erkennen, welche der vielfältigen Beziehungen für den aktuellen Trend relevant sind.[120] Retrospektiv betrachtet können meist viele verschiedene Muster in einem Kursverlauf gefunden werden, da die Theorie zahlreiche Wellenmuster liefert, welche durch Kombination der verschiedenen Sequenzen und Formen entstehen können.[121] Weiterhin setzt die richtige Kursprognose ein korrektes abzählen der Wellen voraus, wodurch es je nach Zählweise zu unterschiedlichen Interpretationen kommen kann.[122]
Anhand der geschilderten Schwierigkeiten bei der Anwendung der Elliott Wellen Theorie, lässt sich feststellen, dass dieses Konzept besser zur Klassifizierung vergangener Kursverläufe geeignet ist, als zur zukünftigen Kursprognose. Die Tatsache, dass Elliott seine Theorie aus der jahrelangen Beobachtung von Marktbewegungen entwickelte[123], führt zu der Vermutung, dass das Wellenprinzip auf einer Korrelation statistischer Daten beruht. Als Grundlage seiner Beobachtungen diente der Dow Jones[124], weshalb das Wellenprinzip ursprünglich für diesen großen Index entwickelt wurde.[125] Demzufolge gestaltet sich die Anwendung auf Einzelwerte als problematisch.
Dieses äußerst negative Fazit könnte nun die Frage aufwerfen, warum das Wellenprinzip trotz seiner eher schlechten Prognosequalität, dennoch in dieser Arbeit behandelt wird. Hierfür gibt es mehrere Erklärungen. Die Elliott Wellen Theorie baut auf den Erkenntnissen der Dow Theorie und somit der klassischen Chartanalyse auf und erweitert diese um neue Aspekte (Einbeziehung einer Zahlenreihe, Verhältniss-Analyse der Kursbewegungen).[126]
Weiterhin besitzt sie Analogien zur zyklischen Aktienkursprognose, da sie von der Prämisse ausgeht, dass sich der Aktienmarkt in einem zyklischen Rhythmus bewegt.[127] Die Zyklenanalyse stellt allerdings den zeitlichen Aspekt in den Vordergrund der Betrachtung[128], dieser ist aber beim Konzept der Elliott Wellen kaum von Bedeutung[129]. Lediglich die “Time-Targets” und die “Time-Relations” stützen ihre Prognose auf einen Zeitlichen Bezug.
Die Übereinstimmungen der Wellenmuster mit den Eigenschaften und Beziehungen der Fibonacci Zahlenreihe lassen eine mathematische Gesetzmäßigkeit in den Marktbewegungen vermuten, allerdings fehlt ein Beweis für diesen Zusammenhang.
119Vgl. Layr, W. (1993), S. 52.
120Vgl. Murphy, J. (2000), S. 333.
121Vgl. Steiner, M./Bruns, C. (1998), S. 232.
122Vgl. ebenda.
123Vgl. Prechter, R./Frost, A. (2003), S. 23-24.
124Vgl. ebenda, S. 24.
125Vgl. Murphy, J. (2000), S. 314.
126Vgl. ebenda, S. 313.
127Vgl. ebenda, S. 314.
128Vgl. ebenda, S. 337.
129Vgl. Steiner, M./Bruns, C. (1998), S. 232.