3.4. Schlussbetrachtung

Der Zusammenhang zwischen den Finanzmärkten und den zyklischen Schwankungen der Wirtschaft ist offensichtlich. Zum einen sind die Börsen ein bedeutender Teil des wirtschaftlichen Geschehens und zum anderen werden die Aktienindizes selbst als Indikatoren für die Einschätzung der konjunkturellen Entwicklung verwendet.

Ein Vorteil der Zyklenanalyse besteht in ihrer unterstützenden Funktion in Bezug auf die Technische Analyse. Sie erhöht den Nutzen bei der Interpretation von Indikatoren, der Bewertung von Unterstützungs- und Widerstandslinien und beim Einsatz von Kursmustern. Des Weiteren dienen die dominanten Zyklen zur besseren zeitraumbezogenen Einschätzung des vorherrschenden Trends.[202]

Als Schwierigkeit der Zyklenanalyse ist die eindeutige Identifizierung eines Zyklus anzusehen. Die meisten Verfahren zur Zyklen-Erkennung sind von der subjektiven Einschätzung des Anwenders abhängig. Besonders die Übereinanderlagerung verschiedener Zyklen (Summation) und die Verschiebung vom idealen Mittelpunkt (Translation) erschweren das Auffinden der langen Wellen. In der Theorie werden Zyklen in gleichmäßigen Sinuskurven dargestellt, was lediglich der vereinfachten Darstellung dient. In der Realität werden die langen Wellen diesem idealen Verlauf kaum folgen, sondern eher davon abweichen.[203]

Die “Theorie der langen Wellen” ist in der Wissenschaft sehr umstritten. Das fehlende empirische Datenmaterial zu Beginn der Beobachtungen Ende des 18. Jahrhunderts, lassen einige Zweifel aufkommen.[204] Zudem haben alle theoretischen Erklärungs-versuche dieses Konzepts keine allgemeine Anerkennung gefunden.[205]

Als kritisch zu betrachten ist die Tatsache, dass das Konzept der “langen Wellen” bestehende ökonomische Theorien in Frage stellt. Nach Ansicht Kondratieffs sind die Faktoren Preise, Zinsen, Löhne, Staatsausgaben und Geldmenge nicht die Ursache für wirtschaftliche Vorgänge, sondern die Folge der eigentlichen ökonomischen Entwicklung.[206] Er sieht den Antrieb der Wirtschaft in den Innovationen, sie sind die Ursache für mehr Arbeitsplätze und Wohlstand. Dies würde bedeuten, dass lediglich durch die Förderung der richtigen Technologie eine Vollbeschäftigung entsteht, was aufgrund der komplexen wirtschaftlichen Zusammenhänge sehr fragwürdig ist.

Sollte es gelingen, Gesetzmäßigkeiten beim Auftreten von Basisinnovationen zu finden, so würde dies einen großen Nutzen für die Aktienanalyse darstellen, besonders in Bezug auf die Branchenauswahl.[207]




202Vgl. Murphy, J. (2000), S. 349, 352 und Goldseiten (2007): Zeitzyklenanalyse.
203Vgl. Mittermaier, C. (2007), S. 15.
204Vgl. ebenda, S. 14.
205Vgl. Weinstock, U. (1964), Vorwort S. 1.
206Vgl. Händeler, E. (2006), S. 23.
207Vgl. Mittermaier, C. (2007), S. 14.