4.4.4. Fazit
Für die Marktteilnehmer ist der Jahreszyklus, besonders für den kurz- und mittelfristigen Handel, von höherer Bedeutung als der Jahrzehntzyklus. Anhand der jährlichen, zyklischen Schwankungen kann der Anleger seine Kaufs- und Verkaufszeitpunkte optimieren. Die vorgestellten Zyklen ähneln sich deutlich in ihrem Jahresverlauf. Beide beginnen ihr Jahr häufig mit dem Jahrestief und weisen eine Frühjahrs-Rallye, eine Sommer-Rallye und eine Jahresend-Rallye auf, die je nach Intensität das Jahreshoch darstellen kann. Dabei ist die Herbst-Rallye beim Dax stärker ausgeprägt und die Jahresend-Rallye verläuft beim Dow Jones intensiver. Eine weitere Gemeinsamkeit stellt die durchschnittliche Entwicklung des Septembers dar. Der Dax und der Dow Jones weisen in diesem Monat die schlechteste Performance und die niedrigste Gewinn-Wahrscheinlichkeit auf. Somit ist die Wahrscheinlichkeit für ein negatives Ergebnis im September sehr hoch. Obwohl sich beide Zyklen im Jahresverlauf stark ähneln, existieren auch einige Unterschiede in der Entwicklung der einzelnen Monate. Bei Betrachtung des Chance/Risiko-Verhältnis ist unter den drei stärksten Monaten nur der Juli in jeweils beiden Jahreszyklen vertreten. Das beste Ergebnis erzielt beim Dow Jones der Dezember und beim Dax der Januar. Dementsprechend ist die Jahreanfangs-Rallye des Dax erfolgreicher als die des Dow Jones. Die stärksten Abweichungen sind im August zu erkennen. Im Jahreszyklus des Dow Jones ist der August der dritt-erfolgreichste Monat, dagegen erzielt er beim Dax das dritt-schlechteste Ergebnis. Im Gesamten verläuft der Dax volatiler als der Dow Jones, wodurch die markanteren Ausprägungen zu erklären sind.
Im Gegensatz zum Jahrzehntzyklus existieren für den Jahreszyklus einige Ereignisse, die seinen Verlauf erklären können:[236]
- Window Dressing: Maßnahmen von Investmentgesellschaften um die Performance ihrer Fonds zu verbessern, z. B. durch starke Aktienkäufe kurz vor dem Bewertungsstichtag.
- Ausschüttungen zum Jahreswechsel: Diese Mittel (z. B. Zinserträge aus Anleihen) fließen teilweise in den Aktienmarkt.
- Die jährliche Bilanzierungspraxis: Anomalien der Bilanzstichtage zum Jahresende, besonders bei Fonds.
- Feiertagseffekt: Positive Stimmung vor den Feiertagen und Planung von Investitionsentscheidungen während der freien Tage.
- Verfallstage derivativer Finanzinstrumente (Optionen und Futures)
- Verminderte Aktivität zur Urlaubssaison, Erntephasen, Heizperioden
Zusammenfassend betrachtet, besitzen beide Zyklen regelmäßig wiederkehrende Muster in ihrem jährlichen Kurverlauf. Die Existenz dieser Saisonalitäten, insbesondere der Jahresend-Rallye, ist anhand der vorgestellten Zusammenhänge statistisch sehr wahrscheinlich.[237]
236Vgl. Aschoff, H. (2006), S. 501-502.
237Vgl. ebenda, S. 508-509.